Das Lächeln in deinem Gesicht
Es war schon eine komische Situation und durchaus nicht einfach für mich. Durch Enttäuschungen in meinem Leben bin ich ein schwieriger Typ geworden, der immer alles gleich so verbissen sieht und kein Vertrauen mehr in die Liebe hatte! Zu oft bildete ich mir etwas ein, was nur Probleme im Alltag bescherte. Ich wurde missverstanden oder einfach nur falsch interpretiert. Die Angst wuchs, irgendjemandem meine Gefühle mitzuteilen. Nun stand ich wieder mal vor diesem Problem. Diana schien für mich perfekt zu sein oder bildete ich mir das nur ein. Aber da ist doch dieses Gefühl von Liebe, dieses intensive schlummernde Gefühl über Jahre hinweg. Wir kannten uns doch kaum, haben uns ein paar mal getroffen, mehr zufällig und sind doch eine Art Freunde geworden, haben nie an irgendetwas Bestimmtes, Intensiveres oder anderes gedacht, uns immer wieder aus den Augen verloren, nichts erhofft oder festgehalten, über Jahre keinen Kontakt mehr gehabt, aber etwas ist geblieben, was ich nicht zu beschreiben vermag! Mit meiner Arbeit versuchte ich mich abzulenken, redete mit ein, keine Zeit für irgendetwas anderes zu haben, ein paar Flirts tagsüber reichten... Diana schien das alles zu wissen. An diesem Samstagmorgen schien es, als ob wir schon Jahre zusammenleben würden. Auf einmal war alles ganz anders und dieses Gefühl kannte ich von dem Abend im Turm vor drei Jahren, diesmal war ich mir ganz sicher, dass alles gut wird.

Das Frühstück machte einen fast fürstlichen Eindruck, Diana hatte sich große Mühe gemacht.
„Das sieht aber alles lecker aus! Wer kommt denn noch zum Frühstück?“
„Keiner...Du kannst aber auch zugreifen und nicht nur staunen!“
„Ich muss das erst mal alles in meinen Kopf kriegen, ich kann es noch nicht richtig glauben, dass ich hier mit dir sitze und frühstücke, wo wir uns Jahre nicht gesehen haben! Woher kommt diese unheimliche Vertrautheit zwischen uns und wieso sind wir dann nicht schon seit zehn Jahren ein Paar? Das ist alles wie ein Traum ... kneif mich mal!“
Diana zögerte nicht und kniff mich sogleich in den Unterarm.
„So nun frühstücken wir - es bleibt uns noch soviel Zeit, darüber zu sprechen!“
Sie lächelte mich mit ihrem schönsten Lachen an und ließ mir keine Chance für weitere Gedanken.
„Nun was wollen wir heute machen?“
„Du wolltest doch zu deinem Onkel...“
„Das ist an sich richtig, aber erstens wäre das dir gegenüber unhöflich und zweitens kann ich noch jederzeit zu ihm --- du jedoch könntest urplötzlich verschwinden, wie eine gute Fee, die alle Wünsche erfüllt hat!“
„Vielleicht bin ich deine gute Fee?!“


„Ich glaub auch schon dran! Lass uns heute den Tag gemeinsam verbringen, wenn du nichts Besseres vorhast. Es gibt noch soviel zu erzählen, schließlich haben wir uns Jahre nicht gesehen!!!“
„Du hast Recht, es gibt viel zu erzählen. Ich freu mich so, dass du da bist!“
„Also lass uns den Tag genießen, so gut es geht!“
„Wir fangen nachher mit einem ausgiebigen Stadtbummel an und für heute Abend fällt uns auch noch etwas ein!“
Diana schenkte noch mal Kaffee nach und schob den Aschenbecher zu mir.
„Kannst du Gedanken lesen?“
Sie schmunzelte nur.
„Es ist schon eigenartig – mein ganzes Leben war ich auf der Suche nach meiner Traumfrau, habe immer wieder Fehler gemacht und dadurch das Glück verpasst. Und nun sitzt sie vor mir und gießt den Kaffee nach.“
Über ihr Gesicht huschte ein Hauch von Nachdenklichkeit, sofort war das Lächeln wieder da.
„Warum ist das nicht schon alles früher passiert, warum jetzt erst?! Bastian halt mich fest, halt mich ganz doll fest, ich glaube an uns! Halten wir unser Glück fest! Lass uns von nun an gemeinsam durchs Leben gehen!“
„Vielleicht war die Zeit damals noch nicht reif genug und dann hatten wir keinen Kontakt mehr. Ich habe immer gewusst, dass es irgendwo auf der Welt das passende Gegenstück zu mir gibt! Vielleicht bin ich deswegen in meinen Beziehungen nicht glücklich geworden!? Ich weiß es nicht.“
Ich nahm ihre Hand.
„Diesmal habe ich mir vorgenommen, das Glück festzuhalten, so sehr habe ich mir das von Herzen gewünscht! Du bist dieses Glück für mich und nun müssen feststellen, ob ich es für dich bin!“
„Du Doofer! Hätte ich sonst alle Hebel in Bewegung gesetzt Dich wieder zu sehen?!“
Diana kam um den Tisch gelaufen und drückte mir einen dicken Kuss auf die Wange.
„Ich kann manchmal ein böser Knochen sein, gezeichnet von diesen vielen Enttäuschungen, habe eine komische Art an mir und plage mich chronisch mit Geldproblemen herum!“
„Mach dir deswegen keine Gedanken – jetzt hast du ja mich. Ich bin auch nicht einfach, aber irgendetwas ist da zwischen uns, ich spüre es. Wir lassen uns Zeit, jede Zeit der Welt, die wir benötigen, um uns näher kennen zu lernen. Und deswegen fangen wir mit einem Stadtbummel durch das weihnachtliche Halle an. Schließlich ist in ein paar Tagen Weihnachten!“
Ich zündete mir die zweite Zigarette an und Diana verschwand im Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Auf dem Weg dahin sagte sie noch schnell:
„Da können wir heute gleich noch ein paar Weihnachtsgeschenke besorgen!“
Mir gingen noch so einige Gedanken durch den Kopf während ich an meiner Zigarette zog. Hier und jetzt lag der Schlüssel, diesen eingefahrenen Trott zu beenden und mein Leben neu zu gestalten. Das war die letzte Chance!
Mit Dianas Auto fuhren wir in die Innenstadt und bekamen auch gleich ein Parkplatz. Ich genoss es richtig, Diana beim Fahren zu zuschauen.
„Schau mir nicht so auf die Finger!“
„Du bist einfach wunderbar!“
Schon auf der Fahrt in die City erzählte Diana von ihrer Familie, ihren Eltern, ihrer Schwester und Andreas, auch warum das damals in die Brüche ging. Wir konnten über alles ganz offen reden, kein Wölkchen trübte dieses Glück. Die ersten Meter über den Markt liefen wir etwas unbeholfen nebeneinander her, bis Diana nach meiner Hand suchte.
„So gefällt mir das schon viel besser!“
Und da war es wieder dieses Lächeln in ihrem Gesicht!
„Es macht mich richtig stolz, eine so hübsche Frau an meiner Seite zu haben!“
Der Weihnachtsmarkt wirkte durch den einsetzenden Schneefall märchenhaft schön.
„Komm lass uns Glühwein trinken, wenn wir schon mal hier sind!“
Diana zog mich zum nächsten Glühweinstand, etwas ungewohnt so am Vormittag, aber die Situation erlaubte es. Und wie wir beide so an unseren Gläsern nippten, schauten wir uns gegenseitig tief in die Augen, sie hat wunderbar klare Augen, irgendwie ehrlich aber auch verborgen.

„Wir haben uns vor langer Zeit schon kennen gelernt und das Gefühl war immer da. Stell dir vor, du bist die Liebe meines Lebens und wir hätten uns nie wieder gesehen. Schrecklicher Gedanke!“
„Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg! Meinst du nicht?“
„Ich glaube daran!“
Diana zog mich ganz nah an sich heran, mitten in dem Menschengetümmel geben wir uns den ersten Kuss und wir vergaßen alles um uns herum.
„Bastian lass diesen Tag nie zu Ende gehen!“
„Ich glaube das kann ich nicht, aber wir haben alle Zeit dieser Welt!“
In diesem Moment waren wir die glücklichsten Menschen, zumindest auf dem Weihnachtsmarkt. Wir wussten, dass wir das Glück gefunden hatten und waren bereit alles zu tun, um dieses Glück für immer festzuhalten. Der Weg führte uns den Boulevard entlang in Richtung Hauptbahnhof. Das erinnerte mich an meine Stadtbummel von damals. Doch diesmal war es anders. Es machte großen Spaß, mit Diana durch Halle zu bummeln, sie hatte so ein offenes, frisches Lachen – und ehrlich! Vor einem Geschäft blieb sie stehen und schaute sich die Pullover an, einen wollte sie mir unbedingt zu Weihnachten schenken. Auf den ersten Blick war er überhaupt nicht mein Geschmack, doch dann erinnerte ich mich an den Abend mit Steffen im Turm. Damals borgte er mir genau solch einen Pullover. Entweder war das nur Zufall, oder Diana hatte so ein gutes Gedächtnis.
„Den gibt es aber erst zu Weihnachten!“
„Nur schade, dass wir da nicht zusammen sein können! Das wäre zu schön...“
„...um wahr zu sein! Du musst dich langsam daran gewöhnen, mit mir zusammen zu sein. Ich komme Heiligabend zu dir! Wenn Du das möchtest!?“
„Ich wünsche es mir so sehr! Aber deine Familie?“
„...wird es verstehen!“
Dafür dass Diana nur noch ein paar Geschenke besorgen wollte, hatten wir zum Schluss mächtig viele Tüten.
„Komm wir fahren einfach mit der Straßenbahn zurück zum Markt!“


In der Straßenbahn versuchte ich ihr zu erklären, dass mir dieses Jahr einfach das Geld für Weihnachtsgeschenke fehlen würde aus diesem und jenem Grund. Ganz langsam zog sie mich an sich und flüsterte mir ins Ohr:
„Du bist das Weihnachtsgeschenk, welches ich mir dieses Jahr vom Weihnachtsmann gewünscht hatte!“
„Du nimmst mich nicht ernst?“ hinterfragte ich.
Dianas Gesicht wurde ernst.
„Ich habe es noch nie so ernst und ehrlich gemeint, wie in diesem Moment. Unser Glück sollte nicht von irgendwelchen finanziellen Problemen abhängen! Vielleicht glaubst du mir nun endgültig, dass ich dich liebe, von ganzem Herzen liebe!“
Diana vermittelte einem das Gefühl von Vertrauen. Ich nahm sie ganz lieb in den Arm und sagte mit kräftiger und klarer Stimme:
„Ich liebe dich von dem Augenblick an, wo ich dich das erste Mal sah und das liegt jetzt schon gute fünfzehn Jahre zurück...“
„Jetzt trinken wir erstmal einen schönen Kaffee!“
„Ich wusste gar nicht, dass ein Einkaufsbummel so anstrengend sein kann!“
Wir entschieden uns, den Abend ruhig zu Hause zu verbringen, schließlich gab es noch eine Menge zu erzählen.
„Wie magst du deinen Kaffee am liebsten? Lass mich raten, türkisch aufgebrüht!“
„Mich wundert nichts mehr!“
Diana lachte frech.
„Ich rufe nur schnell meine Eltern an, dass wir heute nicht mehr vorbeikommen!“
„Wieso, wenn du schon gesagt hast, dass wir kommen, können wir doch auch mal schnell vorbeischauen und haben immer noch den Abend für uns!“
„Deswegen liebe ich dich! Ich rufe trotzdem schnell an, dass wir nur kurz bleiben.“
„Kann ich dir was helfen?“ und deutete auf den Kaffee.
Den Hörer schon in der Hand winkte sie mich zu sich.
„Ja hallo Mutti, ich wollte nur schnell sagen, dass wir nachher mal kurz vorbeischauen!“
„Dein Vater ist schon sehr gespannt!“
„Lasst euch überraschen! Ist Astrid auch da?“
„Ja sie wollte nachher auch kommen mit Frank.“
„Schön, ich freu mich!“
Wir zündeten noch Kerzen an und schlürften genüsslich unseren Kaffee. Gegen Fünf machten wir uns auf den Weg zu ihrem Elternhaus, ca. 10 Minuten durch die Stadt.
Kapitel 1 >>>